Der Entwickler Atelier QDB und der Publisher Shiro Unlimited haben mit Decarnation ein außergewöhnliches Horror-Adventure erschaffen. Ich persönlich bin ja nicht so der „Pixel-Art“-Fan aber hier hat alles Hand und Fuß und die Optik ist einfach nur atmosphärisch und passt zu diesem Spiel wie die Faust aufs Auge. Ein größeres Kompliment kann ich nicht aussprechen. Dazu gesellt sich ein wundervoller Soundtrack von Akira Yamaoka der die ganze Sache abrundet.
Der Titel schneidet schwierige Themen an die uns auch direkt zum Spielstart „begrüßen“. Zart besaitete Menschen könnten bei der Auswahl durchaus daran zu knabbern haben: Entführung, Ertrinken, Essstörungen, psychischer und physischer Missbrauch, sexuelle Belästigung und Aggression gegen Frauen erwarten uns. Warum ihr dem Spiel trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen eine Chance geben solltet, lest ihr nun in unserem Test.
Der Kampf mit sich selbst
In Decarnation schlüpfen wir in die Rolle der Cabaret-Tänzerin Gloria. Oberflächlich betrachtet führt sie ein schönes Leben in Paris. Sie ist das Highlight in ihrer Bühnenshow, führt eine liebevolle Beziehung mit einer Frau und verfügt über eine kleine aber schöne Wohnung. Eines Tages wird sie von einem Künstler angesprochen und steht Model für eine Statue. Ihr nacktes und steiniges Ebenbild wird in einer Ausstellung präsentiert und natürlich will Gloria das „Meisterwerk“ bewundern. Als wir bei der Statue ankommen, wird diese gerade sexuell genötigt. Verstört laufen wir aus dem Museum, die vermeintlich wundervolle Fassade beginnt zu bröckeln.
Es gibt auch actionreichere Einlagen wie diesen Bosskampf.
Kurz darauf verliert sie ihre Arbeit, die Beziehung geht zu Ende und mit ihrer Mutter ist auch nicht alles im Lot. Die Optik ändert sich, alles wird düster und bedrückend. Als sich dann ein weltweit anerkannter Kunstkenner bei ihr meldet und ihr eine eigene Show anbietet, scheint es wieder bergauf zu gehen aber hier beginnt erst die Katastrophe.
Eingesperrt für immer?
Hier sehen wir unseren „Freund“ Bob.
Als wir uns letztlich mit dem Kunstkenner in einem Park treffen, kommt es zum Eklat. Wir spüren einen Schlag und es wird Dunkel. Als wir wieder erwachen sind wir in einem Keller eingesperrt. In einem kleinen Raum der halbwegs passend eingerichtet ist. Wir sortieren unsere Gedanken, was zur Hölle ist geschehen und erblicken eine Kamera im Raumwinkel.
Ein Bediensteter namens Bob meldet sich bei uns. Der Hausherr hat uns entführen lassen, er ist fasziniert von uns, er „liebt“ uns. Blöd nur, dass wir den Hausherren nicht zu Gesicht bekommen. Unsere Versuche auszubrechen funktionieren alle nicht, also passen wir uns der Situation an. Mit Bob entsteht sowas wie eine Freundschaft. Er bringt uns täglich Essen und liest uns sogar aus Zeitschriften vor. Glorias Verstand bricht mit der Zeit, das Stockholm-Syndrom schlägt voll durch.
Lauf Gloria lauf!
Aber wir kämpfen uns zurück. Wir besiegen unsere inneren Dämonen, finden Hoffnung, beginnen zu trainieren. Werden wir den Mut aufbringen können eine Flucht zu wagen? Decarnation stellt unsere geistige Wiederherstellung in unterschiedlichen Level dar. Mal müssen wir kleinere Rätsel lösen, Mal vor Monstern flüchten und ab und an auch gegen Bossgegner antreten. Das Spiel hat einen wundervollen Flow und die Geschichte weiß wie sie uns bis zum Ende hin peitscht.
Release Date-Trailer:
Fazit:
mEssE – alias Chefredakteur und Gründermitglied.
Decarnation erzählt eine erwachsene Geschichte die durchaus zum Nachdenken anregt. Die Optik, die Atmosphäre und der Sound passen hervorragend zusammen. Unterm Strich geht es um Selbstfindung und wie man seinen inneren Schweinehund überwinden kann. Ob ihr euch dazu entführen lassen müsst, um durch eure persönliche Hölle zu gehen, müsst ihr selbst entscheiden.
Die Spielzeit beträgt sechs Stunden und die waren permanent unterhaltsam. Einzig die Auflösung fand ich persönlich ab einem gewissen Punkt vorhersehbar aber ich bin auch ein alter Sack und habe schon so ziemlich alles gesehen, gelesen oder gespielt.
Decarnation findet man ab dem 31. Mai 2023 auf dem PC via Steam und für die Nintendo Switch im eShop
