Eines nachts lag ich wach und mir war fad. Da ich nicht schlafen konnte, war ich am Überlegen wie ich mich ins Land der Träume begeben könnte. Schäfchen zählen funktionierte nicht, warme „Milch“ ebenso wenig und über die anderen Versuche legen wir den Mantel des Schweigens – vor allem aus Jugendschutzgründen… Egal, dann kam die Erleuchtung, wie ein Blitz schlug der Gedanke in mein altes verkalktes Gehirn. Spiele, Games, wohlwollende Erinnerungen an meine liebsten digitalen Freunde.
Grau war die erste Liebe
Es war Anfang der 90iger Jahre, da war ich so zehn Jahre alt, oder jünger oder älter, keine Ahnung, ich will gerade nicht rechnen und kann es vielleicht auch nicht mehr. In jedem Fall kam da der graue Klotz namens Game Boy in unsere Gefilde, sprich Europa. Davor gab es nur einzelne Handhelds mit Spielen wie Donkey Kong, diese kleinen teuflischen Handhelds sind mittlerweile viel Geld wert – zum Glück wurden meine weggeworfen. Wo war ich? Achja bei der grauen Liebesgeschichte.
Mit meiner kleinen und jüngeren Schwester wurde der erste Game Boy brüderlich geteilt. Und wenn ich das hier so schön schreibe heißt das in Wahrheit ganz etwas Anderes. Es wurde gekämpft bis einer weinte, der Sieger bekam den Game Boy zum Zocken, der Verlierer musste betrübt von dannen ziehen, durfte dann aber natürlich auch mitspielen. Damit es aber nicht in einen Mord eskaliert, haben die Eltern dann letztlich einen zweiten grauen Kumpel besorgt. Sie dachten echt es wird dann ruhiger, MUHAHAHA, was für ein Fehler – damit starteten die Duelle und unser Vater mischte fröhlich mit. Die Level in Super Mario Bros kannten wir in- und auswendig, ein Durchlauf dauerte dann letztlich nur mehr zwanzig Minuten – quasi professionelle Speedrunner, bevor es sowas überhaupt gab.
Irgendwann sahen wir in einem Geschäft ein Link-Kabel für den Game Boy. Was zur Hölle war das? Verkäufer belästigt, damit kann man gegeneinander spielen, zum Beispiel Tetris und damit startete eine virtuelle Blutfehde die bis heute ihresgleichen sucht. Ich gegen die Schwester, die Schwester gegen den Vater, ich gegen den Vater, wir alle gegeneinander. Das trieb solche Blüten das mein Vater zu spät zur Arbeit kam, wir spielten uns auf Highscores und sahen das Ende von Tetris – ja meine Freunde Tetris hat ein Ende. Ab einer bestimmten Punkzahl fliegt eine Rakete los und wir haben gewonnen. Es war Krieg, wir motivierten, pushten und beleidigten uns gegenseitig – kurz es war wunderschön.
Muss ich haben, ich MUSS
Heilige Scheiße, was für eine Offenbarung, der Moment der mein Leben letztlich komplett änderte. Als noch immer kleiner Stoppel waren wir zu Besuch bei meinem Onkel. Im Wohnzimmer sah ich einen erneut grauen Kasten aber dieses Mal viel größer. Der hat doch einen gigantischen Game Boy, warum habe ich sowas nicht? Was kann dieses Teil? Der Sabber lief mir aus dem Mund und tropfte auf den Tisch.
Wäre ich alt genug gewesen, hätte ich wohl versucht, mich mit dem Teil zu „vereinigen“. Vermutlich durch die massiven Geräusche, die meine Sabbertropfen machten, wurde mein Onkel auf mich und meinen selbst gebauten Wasserfall aufmerksam. Er drückte ein paar Knöpfe und der Bildschirm ging an. Wie groß der doch war und wie schick das aussah, solch eine Grafik, das ist doch fast Fotorealismus! Er zeigt mir die Maus und die Tastatur und wie man den PC bedient. Und dann startete er Duke Nukem und anschließend Doom.
Das alles lief noch unter MS-DOS aber er hatte eine grafische Oberfläche, so cool. Nun wurde aus der Mundwasserfall ein Tsunami, ich musste das haben. Der brachiale Sound, die Effekte, das BLUT, klar war ich als kleiner Messi davon restlos begeistert. Aber die Technik war anno dazumal unglaublich teuer, knapp 30.000 Schilling hat der PC damals gekostet, das sind umgerechnet in Euro und der Inflation so an die 2 Millionen *hust*. Der kleine Messi musste also Überzeugungsarbeit daheim leisten und hatte vorerst keinen richtigen Erfolg damit.
Der NES als „Ablenkung“
Als feines Weihnachtsgeschenk gab es dann den NES von Nintendo. Vom Handheld (Game Boy) also zur Konsole, es wurde schön langsam an das größere Spielzeug herangetastet. Die Überschrift klingt irgendwie abwertend aber so ist es absolut nicht gemeint. Meine Güte war die Zeit mit dieser Konsole großartig.
Am besten erinnere ich mich an Super Mario Bros. 3. Das beste jemals veröffentlichte Mario-Spiel ist also bereits 1991 erschienen und wurde seither nicht mehr überboten. Wer etwas anderes behauptet, sollte sich beim Seelendoktor untersuchen lassen, mit Ihnen stimmt definitiv etwas nicht. Kann er Ihnen nicht helfen, kann ich und Lucille das ganz bestimmt, somit sind Sie in mein Kellerabteil zum „geistigen Austausch“ herzlichst eingeladen.
Nicht nur die Kampagne mit ihren ganzen Geheimnissen, war einfach nur fantastisch, sondern auch der „versteckte“ PVP-Modus. Das Spiel war nämlich im Koop-Modus spielbar aber man konnte sich auch gegenseitig auf den Sack gehen. Dazu mussten einfach Mario und Luigi auf dem ersten schwarzen Rohr eines Abschnittes (Übersichtskarte) stehen und das Rohr betreten. Dann hatte man quasi ein Spiel im Spiel und konnte sich im Untergrund mit Schildkröten eines auf die Mütze geben. Krieg 2.0 war geboren. Dieses Mal aber nur unter den Geschwistern inklusive fliegenden Controllern – hach wie schön.
Bei meiner Cousine hatte ich dann ein weiteres graues Kästchen erblickt das irgendwie schöner als mein Nintendo aussah. Irgendwie moderner, klar sie hatte schon den SNES. Den Nachfolger meiner Konsole, darauf spielten wir Donkey Kong rauf und runter. Ich hatte Spaß und war zeitgleich irgendwie gekränkt, warum hatte sie sowas fantastisches und ich nicht? Stellt euch nun einen kleinen traurigen Messi vor :(…
Endlich daheim Sabbern
Der noch immer kleine Messi stand also vor der Mammutaufgabe sich irgendwie einen SNES oder einen PC in sein Zimmer zu wünschen. Dank des „Technikonkels“ und seiner Überzeugungskraft wurde dann letztlich ein PC angeschafft und in mein Kinderzimmer gestellt. Die Welt gehört mir, nichts kann mich nun mehr aufhalten. Also wurde der PC in Eigenregie zusammengebaut und gestartet.
Viele Spiele brachte er von daheim mit, so konnte ich Jazz Jackrabbit, Doom und Duke Nukem 3D gemütlich zocken. Von nun an wurden auch Zeitschriften mit Demo-Versionen und teils Vollversionen gekauft. Die Spiele wurden anschließend auf dem Schulhof „gedealt“. Als erste Klasse in der Hauptschule hatten wir dann EDV-Unterricht, wir waren also auserkoren. Sagen wir so, wir brachten dem Lehrer mehr bei als er uns. Legendäre Titel wie DosDorf, SimCity und Winter Games wurden gespielt und getauscht. Die italienische Mafia wäre sehr stolz auf uns gewesen – stellt euch nun die italienische Fingergeste vor. Auf den Schul-PCs brachten wir dann sogar den LAN-Modus von Doom zum Laufen, wir konnten alle gegeneinander spielen und fühlten uns wie Technikgötter.
Es wird moderner
Neben dem Kino und viel zu viel Bier, Wein und Partys habe ich dann neue Freunde gefunden, mit denen ich auch heute noch sehr sehr gut befreundet bin – Brüder im Geiste, ich liebe euch Jungs. Seit knapp 20 Jahren veranstalten wir jährlich 2-4 interne LAN-Partys und da haben sich logischerweise etliche Spiele in meinem bzw. unseren Herzen verewigt aber auch technische Katastrophen. Frag nach bei abgebrannten PCs und Soundanlagen, tausenden Windows-Neuaufsetzungen ( *hust* gecrackte Spiele *hust*) und I.P.-Installationen damit das Netzwerk überhaupt läuft. Fuck was war das für ein Aufwand aber Leute, ganz ehrlich, wir wissen die Vorteile des Internets natürlich zu schätzen aber nichts ist genialer als mit seinen Leuten in einem Raum gemeinsam zu zocken.
Was für epochale Duelle in Quake Arena (an Shorty: 1 Kill fehlte dir ;), Unreal Tournament 2004, Call of Duty 4 oder Soldier of Fortune 2 stattgefunden haben. Wir waren jung, geil aufs PVP, wollten uns duellieren und eskalierten dabei komplett. Mäuse flogen, Tische wurden regelrecht weichgeklopft, wüste Beschimpfungen flogen durchs stinkige Zimmer – einfach wunderbar. Vor allem weil der jüngste Mitstreiter uns in SOF 2 abgezogen hat, meine Fresse war der Typ schnell an der Maus.
Aber auch strategisch wollten wir uns messen, hier musste Age of Empires 2 herhalten. Zu Beginn gab es immer einen NAP (Nichtangriffspakt) damit wir uns alle schön einbauen konnten, natürlich auf selbst erstellen Karten, damit wir Ressourcen im Überfluss hatten. Jeder kämpfte gegen jeden, Allianzen wurden geschmiedet und gebrochen. Vom puren Hass bis zur puren Freude war es ein sehr schmaler Grat. Unvergessen wie sich unser Hanni gegen uns drei in seiner Basis verschanzt hat. Der Typ ist ein paar Stunden auf seiner Tastatur eingeschlafen und wir konnten seine verdammte Festung trotzdem nicht knacken – legendär.
Ein Konsolero O.o
Schon damals war es aber absehbar, dass wir dem Koop nicht abgeneigt waren, gemeinsam etwas zu erschaffen und gemeinsam zu feiert ist auch einfach geil. Frag nach bei Titan Quest oder Diablo 2. Gefühlsmäßig haben wir beide Spiele an die tausendmal durchgezockt.
Selbst einen „Konsolero“ konnten wir für unsere LAN-Partys gewinnen. Zu dieser Zeit war ich schon gemäßigter, davor war das undenkbar, ein Konsolero hier bei den PC-Babos – pah, ich spucke auf euch niederes Gammelkistenvolk. Epochale Schlachten wurden in Warhammer 40.000: Dawn of War geschlagen. Mittendrin statt nur dabei, mein Konsolero, mittlerweile ehemaliger Mitbewohner und ebenfalls Bruder im Geiste. Er führte uns in die Welt dieses Echtzeit-Strategiespiels und was war das für ein Spaß – natürlich im PVP. Mit Dramen, Verrat und allem was dazugehört und einem glorreichen Sieger – dem mittlerweile großen mEssE mit seinen Dark Eldar. Huldigt meinen Xenos, ich Wurm, du Löwe… Moment… ach knie einfach nieder, vor deinem Meister.
Alt aber willig
Bevor wir in die Jetztzeit springen, wollen wir noch die Couch-Coop-Schlachten von WWE Smackdown vs. Raw erwähnen. Auf der damals noch aktuellen PS2 und einem alten Röhrenfernseher wurden Kämpfe ausgefochten die den weiter oben erwähnten Kriegen in absolut nicht nachstehen. Verteiler für die Controller wurden angeschafft damit mehr Leute zeitgleich sich volles Pfund aufs Maul geben konnten. Von Freitag bis Sonntag war fast jede Woche Wrestling-Zeit. Die Türen waren offen, Menschen strömten in die Bude um sich gegenseitig das Fressbrett zu polieren. Immer wieder standen Freundschaften an der Kippe, wenn die Titelträger wechselten, eine harte Probe aber was für Erinnerungen.
Mittlerweile sind wir „alt“, zumindest im Bereich Gaming. Unsere bunte Truppe startet Mitte 20 und endet aktuell Anfang 40. Der eigene Nachwuchs ist bei einigen vorhanden und auch diese sind fleißig am Zocken, um die Zukunft müssen wir also keine Sorgen machen. Mit dem Alter haben wir uns teilweise auch weit vom PVP entfernt. Mittlerweile zocken wir gemütlich gemeinsam; zum Beispiel Dying Light, Anno 1800, Void Train oder Conan Exiles. Ja bei letzterem gibt es natürlich PVP, ganz ohne geht es dann doch nicht – ein bisschen Spaß (und Wahnsinn) muss sein.
P.S.: Durch so viele positive, wundervolle und schöne Erinnerungen schlief ich anschließend ein. Wie ein Stein, tief und fest und hart aber auch flauschig. Mein Schlaf dauerte mindestens 96 Stunden und ich war ausgeruht wie noch nie! Was sind eure All Time-Spiele-Favoriten? Hinterlasst uns doch einen Kommentar.